14.04.2017 – 27.04.2017
Unser Abschied von Namibia wurde unerwartet zur Zerreißprobe für unsere Nerven.
Eigentlich wollten wir nur noch schnell die Handbremse am Auto reparieren lassen, da diese nicht mehr nachzustellen ging. Dazu fahren wir extra zur Iveco-Werkstatt in Windhoek, man will ja schließlich Fachleute bemühen. Alles geht anfangs recht flott, die Hinterräder sind demontiert, als man plötzlich feststellt, dass ein Werkzeug zum lösen der Achsmuttern fehlt. Das hält die „Spezialisten“ aber nicht davon ab die Muttern mit brachialer Gewalt zu lösen. Ergebnis: Die Muttern waren verformt und mussten in einer anderen Werkstatt nachgearbeitet werden, auch ein Spezialwerkzeug wurde nun endlich dort bestellt. Nun organisierte man uns ein Hotelzimmer, eine Übernachtung in der Werkhalle wollte man uns dann doch nicht zumuten. Es wurde uns noch zugesichert, dass die Teile spätestens 10 Uhr am nächsten Morgen fertig seien. Diese kamen dann zwar erst 12 Uhr, aber sie waren immerhin da. Nun war Eile geboten, denn wir mussten unser Auto noch zur Unterstellung abgeben und spätestens 2 Uhr morgens am Flughafen sein. Übrigens das neu belegen der Bremsbacken wurde als Einziges problemlos erledigt. Aber als dann bei der Montage noch ein Radlager zerstört wurde und unser Auto fast noch umgekippt wurde, lagen unsere Nerven restlos blank. Zu unserer großen Verwunderung, aber noch mehr zu unserer Freude, wurde schnell ein neues Lager beschafft, sodass wir endlich gegen 17 Uhr, völlig down, die Werkstatt verlassen konnten.
Während des Fluges nach Addis Abeba, mit Zwischenstopp in Johannesburg kamen wir dann langsam wieder auf „Normalpegel“. Alles vergessen war schließlich, als wir am Flughafen unsere Tochter endlich nach 9 Monaten wieder in die Arme nehmen konnten. Ein lustiger Abend bei ihren Freunden rundete den Tag zusätzlich noch ab. Am nächsten Tag sahen wir uns die Arbeitsstätte unserer Tochter an. Die “Deutsche Botschaftsschule” ist wirklich toll ausgestattet und wirkt mit ihren vielen Grünanlagen wie eine kleine Oase inmitten einer, unserer Meinung nach, nicht unbedingt sehenswerten und stressigen Großstadt.
Stefanies Wohnung und die Gastfamilie
Dieser entfliehen wir dann auch recht bald und fahren mit dem Auto für drei Tage in ländliche Gegend. Hier unternehmen wir unter anderem eine Tagestour zum wunderschön gelegenem Wonchi Kratersee und können dabei schon einen ersten Eindruck von dem entbehrungsreichen und für uns Europäer, unvorstellbar armen Leben der Landbevölkerung gewinnen.
Wanderung in den Wonchi Krater
Wieder zurück in Addis bleibt uns nur ein Tag zum Wäsche waschen und schon müssen die Rucksäcke erneut gepackt werden. Stefanie hat nämlich für ihre betagten Eltern ein straffes Programm geschnürt. Mit einer Propellermaschine fliegen wir Richtung Nord-West und erreichen nach knapp einer Stunde Gondar. Die Flughöhe war relativ gering und die Sicht gut. Überraschend war für uns, dass die Bergwelt, trotz ihrer überwiegend schlechten Zugänglichkeit, so dicht besiedelt ist. Im Landeanflug überfliegen wir noch den Tana-See und werden am Flughafen von der Reiseagentur abgeholt, mit welcher wir ab dem nächsten Tag eine Trekking-Tour im Simien Nationalpark unternehmen werden. Zunächst steht eine Besichtigung der quirligen, ehemaligen Kaiserstadt Gondar an. Diese liegt auf einer durchschnittlichen Höhe von 2300 m, hat etwa 300.000 Einwohner, eine Universität, eine Hochschule und gilt als eines der religiösesten Zentren von Äthiopien. Das klingt nun alles recht hochtrabend. Uns erscheint dieser Ort aber eher sehr kleinstädtisch. Kühe und Esel werden ganz selbstverständlich durch die Straßen getrieben, kleine ärmliche Straßenbuden bieten ihre Waren an, köstlichen äthiopischen Kaffee kann man auf kleinen Hockern und gleich neben der Straße genießen. Aber auch für die gut betuchten Äthiopier, die es durchaus gibt, sind bessere gastronomische Einrichtungen und Hotels vorhanden. Das eigentliche historische Highlight, der Gemp (Palastbezirk) von Gondar ist für uns eher enttäuschend. Viele der ursprünglichen Bauten existieren nicht mehr oder es sind nur noch einige Mauerreste vorhanden. Auch gibt es keinerlei Infotafeln, mit deren Hilfe man sich wenigsten eine Vorstellung vom ursprünglichen Aussehen der Gesamtanlage verschaffen könnte. Einige Abschnitte (z. B. der Turm), in unserem Reiseführer noch als zugänglich beschrieben, sind mittlerweile gesperrt. Insgesamt finden wir, dass die Anlage mit wenig Engagement geführt wird. Dafür hat sich aber der Eintrittspreis für Ausländer, entgegen der Info aus unserem Reiseführer von 2013, verdoppelt.
Toll fanden wir hingegen die Organisation und Durchführung unserer Trekkingtour durch ein ortsansässiges Reiseunternehmen. Alles lief perfekt, wir brauchten nicht mal unsere Zelte selbst aufzubauen, ein Koch sorgte für sehr schmackhaftes Essen und der Guide erwies sich nicht nur als sicherer Kenner der Wanderwege, sondern auch als Fachmann in Flora und Fauna dieser grandiosen Landschaft. Lediglich laufen mussten wir selbst. Und das war nicht ganz ohne, immerhin verlief die Tour auf Höhen zwischen dreitausend und reichlich viertausend Metern und mit täglichen Gehzeiten bis zu acht Stunden. Wir waren eine nette Truppe, zwei Schweizer, ein Engländer und natürlich wir drei Deutschen. Wir können eine Trekkingtour in den Simien Mountains absolut empfehlen. Diese ist, auf Grund der Höhe, etwas anstrengend auch gibt es keinerlei Komfort in den Camps, aber man wird mit absolut grandioser Landschaft entschädigt. Außerdem erhält man nebenbei noch Einblicke in das entbehrungsreiche Leben der Bergbauern und fühlt sich beim Anblick der mittelalterlichen Produktionsmethoden und der Behausungen in ein anderes Zeitalter zurückversetzt.
Wanderung in den Simiens Mountains
Mit den Felsenkirchen von Lalibela wollten wir nun eines der wichtigsten Heiligtümer der äthiopischen Kirche und gleichzeitig Weltkulturerbe besuchen. Um dahin zu gelangen, wählten wir bewusst nicht die bequemere und nicht mal teurere Variante mit dem Flieger, sondern lassen uns per Geländewagen dahin bringen. Wir bereuten es nicht, denn es wurde eine sehr interessante, wenn auch anstrengende Tagestour und wir konnten ein wenig mehr über dieses geheimnisvolle Land erfahren.
Schöne Begegnungen in Äthiopien
Lalibela selbst hat trotz seiner weltbekannten Felsenkirchen, eher dörflichen Charakter. Stefanie hat uns eine sehr schöne Lodge in ruhiger Lage und mit einem traumhaften Blick über die Berge gebucht. Hier verbringen wir drei erholsame Tage, erleben gleich drei Hochzeiten gleichzeitig, werden während einer Wanderung von einer Bergbauern Familie zum traditionellen Kaffee eingeladen, kaufen noch einiges an äthiopischen Kunstgegenständen, lassen uns in einem „Massagesalon“die strapazierten Muskeln wieder richten und besuchen als Höhepunkt natürlich die Felsenkirchen. Es sind elf Stück an der Zahl und wir sind am Abend kaputt wie nach einer harten Wanderung. Die Entscheidung einen Führer zu nehmen war genau richtig, ohne ihn wäre der ganze Besuch nur die Hälfte wert gewesen. Diese Kirchen wurden im 12./13. Jahrhundert, natürlich nur in reiner Handarbeit, in den Fels geschlagen. Und zwar in der Art, dass zuerst von oben nach unten die grobe Struktur der Kirche freigelegt wurde, danach schlug man den Eingang frei, um dann von unten nach oben das Innere der Kirche freizulegen. Bei elf Kirchen ein unvorstellbarer Aufwand!
Felsenkirchen in Lalibela
Nun sitzen wir wieder hier in Addis bei Stefanie auf der Terrasse und genießen die letzten Stunden unserer erlebnisreichen Reise und natürlich auch die wärmende Sonne (zu Hause soll ja schlechtes Wetter auf uns warten) und werden heute am späten Abend in den Nachtflieger nach Frankfurt steigen. Eines steht aber fest: So Gott will, werden wir bald wieder hier in Afrika sein! Zu vieles haben wir noch nicht bereist und außerdem wartet unser Auto in Windhoek schon wieder ungeduldig auf uns. Also, bis hoffentlich bald zurück, hier in Afrika.
 
			
































































