14.06.2015 – 18.06.2015
Eigentlich wollten wir uns heute vom Munzur verabschieden, aber es kam wieder Mal ganz anders. In einem eingangs recht unscheinbaren Seitental fanden wir am Vorabend einen Übernachtungsplatz, welcher unseren hier schon als Favoriten gekürten Platz vom Siegerpodest stößt. Man fährt erst durch lichten Eichenwald, durch diesen schlängelt sich ein von uralten Weiden gesäumter, glasklarer, aber eiskalter Gebirgsbach. Nach etwa 200 m öffnete sich der Wald und wir standen auf einer großen Wiese mit Blick auf mehrere 3000er Berge. Die Entscheidung stand fest, diesen Ort kann man nicht nur zum Übernachten missbrauchen! Tipp: Hier kommt man auch mit einem nicht zu hohem Wohnmobil hin (Äste). Ach ja, zwei kleine Wasserdurchfahrten sind auch zu meistern, aber kein Problem (flach und fester Grund). N39°21`31,6” O39°15´5,3”
Am nächsten Morgen überrede ich meine Frau zu einer Fahrt, diesmal mit dem Rad, “ins Blaue”. Durch unser Tal windet sich ja so schön eine Fahrspur entlang des Baches. Wir vermuten, dass dieser Bach der Bach ist, welcher von dem von uns am Vortag erwanderten Tal kommt. Und von da führt ja eine Straße nach Ovacik und schließlich wieder in unser Tal. Also eine schöne Rundreise, so der Plan. Nur, die so bequeme Fahrspur endete nach wenigen Hundert Metern im Flussbett mit Steinen so groß wie Kürbisse. Also schieben, wieder etwas fahren und wieder schieben, und das bei ordentlicher Hitze. Und ich spürte nicht nur die Hitze der Sonne im Nacken, es war ja schließlich meine Idee! Die rettende Lösung war dann eine Querung des Bachs durch hüfttiefes, eiskaltes Wasser, welches zudem noch solch eine Strömung hatte, dass man sich kaum auf den Beinen halten konnte. Da war dann das Schleppen der Räder, einen gerölllastigen Steilhang hinauf, eine leichte Übung. Oben dann zu meinem (!) Glück ein Feldweg und der weitere Weg verlief dann wie geplant.
In Ovacik, in einem Eiscafé, lernen wir Zafer kennen. Er ist Österreicher, aber hier in Ovacik geboren und ist mit 18 Jahren, wegen der Kurdenverfolgung, unter dramatischen Umständen nach Österreich geflüchtet. Er ist uns sehr sympathisch und wir unterhalten uns über Gott und die Welt. Schließlich verabreden wir uns für den späten Nachmittag, zu einer gemeinsamen Angeltour am Fluss. Auf der Weiterfahrt zu unserem Stellplatz kommen wir, welch glücklicher Zufall, bei einer Hochzeit vorbei und werden, wie könnte es anders sein, auch gleich eingeladen. Sind aber nur kurz auf ein paar Bilder geblieben, schließlich hatten wir ja einen wichtigen Termin!
Der Angeltrip endete mit drei Forellen für Zafer, darunter ein wirklich kapitales Exemplar, und nur einer Forelle und unzähligen Mückenstichen für mich. Aber immerhin meine allererste Forelle. Die Fische haben wir dann in einem Restaurant zubereiten lassen, ein köstliches Mal und ein netter Abend. Nochmals ein großes Dankeschön an Zafer.
Am nächsten Morgen ging es aber endgültig weiter. Da wir uns in einer Sackgasse befanden, mussten wir die 60 km bis Tunceli zurück, aber durch dieses herrliche Tal fährt man auch gern zweimal. Nach kurzem Einkauf in Tunceli drauf auf die vierspurige Schnellstraße Richtung Erzurum. Auf dieser fährt man, aufgrund des geringen Verkehrs und der abwechslungsreichen Landschaft, sehr entspannt. Nach kurzen Stopps in Tercan und Ascale, wir mögen mittlerweile die Atmosphäre der Kleinstädte sehr, biegen wir nach Norden, Richtung Ispir, ab.
Durch Gebirgslandschaft,
vorbei an vielen Nomadenzelten, über mehrere 2000er Pässe mit tollen Fernblicken, erreicht man schließlich Ispir. Hier wollen wir durch das enge Tal des wilden Coruh Nehri bis Yusufeli fahren. Der Reiseführer verspricht uns, unter Vorbehalt, eine heftige Rafting Strecke von 130 km Länge! Unter Vorbehalt deshalb, weil auch hier ein gigantisches Staudammprojekt, mit mehreren Staumauern geplant ist. Auch der Blick auf unsere letztes Jahr in der Türkei gekaufte Karte verspricht nichts Gutes, denn im gesamten Tal ist in Flussnähe nicht ein Dorf verzeichnet, obwohl sich da, wie wir später feststellen mussten, unzählige kleine Dörfer und Streusiedlungen befinden. Wir biegen also mit einem unguten Gefühl, über eine verdächtig neue Straße in das Tal ein. Der Fluss wild, wie erhofft. Doch schon nach wenigen km wird er zahmer und der Wasserstand steigt, ein sicheres Anzeichen für eine Staustufe. Und so war es dann auch, in etwa der Hälfte der Strecke eine gigantische Staumauer. Die Fahrt bis dahin glich einer Geisterfahrt, es war fast kein Mensch unterwegs, obwohl bis zur Mauer, beidseitig des Tales, zwei großzügige Straßen in die Landschaft gedroschen wurden. Es sieht da aus wie in einem Steinbruch.
Nach der Mauer ein völlig anderes Bild, grottenschlechte Straße, viele Dörfer in bedauernswerten Zustand (man hat offensichtlich resigniert), aber der Fluss sieht wieder wie ein Fluss aus und seine Ufer säumen auf einmal Reisterrassen. Nur, unzählige Schilder verbieten das Befahren, das Baden und das Angeln im Fluss. In Yusufeli merkt man zunächst nichts von dem bevorstehenden Schicksal der Stadt, alles scheint seinen normalen Gang zu gehen. Wir können sogar noch eine Rafting Tour buchen, zwar in einem Seitental, aber nicht minder heftig und sehr lustig. Lustig deshalb, weil es eine etwas ungewöhnliche Tour wurde. Es hatte am Vortag ein Unwetter in den Bergen gegeben und auf der Fahrt zum Einsetzort mussten wir schon mal warten, bis ein Radlader die Straße wieder provisorisch befahrbar gemacht hatte. Auch eine Brücke wurde in den Fluss gerissen, sodass wir an dieser Stelle aussetzen und dahinter wieder einsetzen mussten.
Dabei ging es lustigerweise gleich mal mit dem Boot durch einen privaten Garten, da war nun mal der beste Zugang zum Wasser. Die Strecke ist 15 km lang und sehr empfehlenswert. Der Guide hat uns dann auch noch bestätigt, dass in spätestens drei bis vier Jahren das gesamte Tal mit allen Seitentälern geflutet wird, und somit Yusufeli und weitere 40 Dörfer versinken werden. Wer also in diese Richtung eine Reise plant, und nicht wasserscheu ist, dem sei empfohlen, das bald zu tun, es lohnt sich wirklich!
Es gibt im Ort mindestens zwei Anbieter. Wir sind mit folgendem Veranstalter für 100 TL/Person (ca. 33 €) gefahren und haben uns sehr gut und sicher gefühlt (er betreibt diesen Job seit 25 Jahren). Coruh Travel & Tours, Tel.+90 5334533179, Yusufeli , Name: Sirali Aydin (spricht englisch)
Nach diesem Abenteuer wollten wir weiter hinauf in die Berge, um da wieder einmal zu wandern. In unserem Rafting Tal fuhren wir, über eine schmale Straße, immer weiter hinauf in die Berge. Nach kurzem Stopp in Altiparmak und der Besichtigung der dortigen Basilika aus dem 10. Jh., leider nur von außen möglich gewesen, da der Schlüsselgewaltige nicht aufzutreiben war, fuhren wir weiter, mit Ziel Olgunlar. Das ist der Hauptort, um Wanderungen im Kackar Gebirge zu organisieren. Die Straße dahin geht auf gut befahrbarer Schotterstraße, durch herrliche Gebirgslandschaft, bis in über 2000 m Höhe.
Nachdem wir uns über die vielfältigen Wandermöglichkeiten informiert hatten, kamen wir zu dem Entschluss, dass man sich hier mindestens eine Woche Zeit nehmen sollte. Diese Zeit steht uns aber leider nicht mehr zur Verfügung, da wir am 27.06. in Van sein müssen. Man braucht ja schließlich Gründe um noch mal herzukommen. Über folgendes recht trauriges Erlebnis auf dem Weg hier hinauf wollen wir noch berichten: Auf etwa zwei Drittel des Weges nach Olgunlar konnten wir schon aus einiger Entfernung ein größeres offensichtlich totes Tier auf der Fahrbahn entdecken. Der erste Gedanke war, es ist eine Kuh, doch als wir näher kamen sah es eher nach einem wilden Tier aus, etwa nach einem großen Wolf. Als aber ein kleines Bärenbaby in den Wald flüchtete, war klar, hier liegt eine tote Bärenmutter. Wir hielten etwa 10 m dahinter und ich ging mit klammen Gefühl zu dem Tier. Es war wirklich tot, offensichtlich überfahren, denn die Eingeweide traten hervor und eine Schusswunde war nicht zu entdecken. Was für eine Tragik, da kommt schon fast kein Auto und trotzdem wird das arme Tier überfahren. Wir haben dann noch im Auto gewartet, in der Gewissheit, das der kleine Bär zurück zu seiner Mutter kommt, für ihn schläft sie ja nur. Es war auch so und wir konnten unbemerkt, vom Dach unseres Autos, einige herzzerreisende Fotos und Filmaufnahmen machen. Da wir unbedingt etwas für den Kleinen tun wollten, denn so allein hat er ja keine Überlebenschance, haben wir so lange gewartet, bis endlich ein Einheimischer kam. Diesem haben wir die Situation begreiflich gemacht und ihn gebeten, die Nationalparkverwaltung zu informieren. Das hat er auch getan, denn auf dem Rückweg sahen wir den Kleinen wieder schlafend bei seiner Mutter liegend, als gerade ein Jeep mit vier Rangern auftauchte. Das war aber scheinbar erst das Kommando aus dem Büro, denn keiner machte Anstalten das schlaftrunkene Tier zu fangen. Erst mal Fotos vom “Tatort” und dann einige wichtige Telefonate. Hoffen wir für den kleinen Bär, das die bürokratischen Mühlen schnell genug gemahlen haben.
Nach diesem aufwühlenden Erlebnis und einer weiteren ruhigen Nacht im Tal ging es nun zurück über Yusufeli neuen Erlebnissen entgegen.
Tipp: Die Tour von Altiparmak bis Olgunlar würde sich auch wunderbar als sportliche Radtour (Mountainbike wäre von Vorteil) anbieten. Die Steigung beträgt auf 22 km etwa 1000 Höhenmeter. Erfrischungsmöglichkeiten im Fluss und Natur vom Feinsten ständig vorhanden. Nach Stärkung in einem der Restaurants erwartet den Biker eine entspannte Abfahrt. Hierfür am Ortsausgang von Altiparmak die linke Straße der Gabelung nehmen und immer der besseren und offensichtlich am meisten befahrenen Straße folgen (es gibt keine Ausschilderung). Für Wohnmobile bietet sich folgender Stellplatz, ca. 7 km vor Altiparmak an. N40°58`54,1” O41°27`41,2”